Mit dem Aufkommen der Multi-Touch-Interaktion ist ein regelrechtes Wettrennen entbrannt. Unternehmen wie Apple, Microsoft und Google haben eine Vielzahl von Touch-Gesten für ihre mobilen Smart-Geräte patentieren lassen. Einige dieser Patentanmeldungen enthalten jedoch recht fragwürdige Touch-Gesten, und nur ein kleiner Prozentsatz der patentierten Gesten hat tatsächlich den Weg in die Produkte gefunden.
Der Touch Gesture Reference Guide von Luke Wroblewski bietet einen guten Überblick und beschreibt zehn grundlegende Gesten, die auf allen gängigen Plattformen zu finden sind. Diese Gesten umfassen sowohl Ein-Finger-Gesten (Tippen, Doppeltippen, Ziehen, Wischen, Drücken) als auch Mehr-Finger-Gesten (Ziehen, Spreizen, Drücken und Tippen). Diese grundlegenden Gesten ermöglichen die Manipulation von Objekten wie Bewegen, Skalieren, Rotieren oder Navigationsaktionen wie Scrollen oder Zoomen.
Es gibt jedoch auch große Unterschiede bei den grundlegenden Gesten. Nicht jede Touch-Geste ist gleichermaßen bekannt oder wichtig. Hier ist ein kurzer Überblick.Die bekannteste Touch-Geste ist das einfache Tippen. Damit kann der Benutzer Objekte auswählen oder abwählen (vergleichbar mit einem einfachen Mausklick). In Verbindung mit einem Button oder einem Menüeintrag kann der Benutzer sofort eine Funktion auslösen. Vor der Einführung der Multi-Touch-Interaktion war das Tippen mehr oder weniger die einzige mögliche Touch-Geste. Allerdings hat das Tippen auch einen großen Nachteil: Es erfordert für viele Nutzungsszenarien einen Button oder eine ähnliche Steuerung. Genau so sahen die früheren Touch-HMIs aus: Sie waren voller Buttons, manchmal betrug das Verhältnis zwischen Inhalt und Buttons 50:50.
Besonders unangenehm war das Design der Scroll-Interaktion mit einem einfachen Tab. Das Scrollen funktioniert viel besser, wenn der Benutzer den Inhalt direkt mit seinem Finger berühren und bewegen kann.
Die Wisch-Geste ist daher bei den Nutzern sehr beliebt geworden. Mit der vertikalen Wisch-Geste kann der Benutzer durch den Inhalt scrollen. Mit der horizontalen Wisch-Geste bewegt er sich vor und zurück durch entsprechend angeordnete Objekte oder Seiten. Diese Geste funktioniert jedoch nur, wenn sich der Inhalt ohne Verzögerung mit dem Finger bewegt.
Die Schnipp-Geste ähnelt stark der Wisch-Geste. Im Gegensatz zu langsameren Wischbewegungen wird die Schnipp-Geste schneller und kürzer ausgeführt. Mit der Schnipp-Geste kann der Benutzer Objekte vom Bildschirm wegschieben oder löschen.
Mit der Zieh-Geste kann der Benutzer Objekte auf dem Bildschirm greifen und verschieben.
Mit der Pinch-Geste kann der Benutzer in Inhalte hinein- oder herauszoomen oder angezeigte Objekte vergrößern oder verkleinern.
Empfehlung: Basierend auf unseren Erfahrungen sind die Tipp- und Wischgesten die wichtigsten Gesten für die Gestaltung industrieller Touch-HMIs. Insbesondere die Wischgeste ist für die Navigation innerhalb des Inhalts von Bedeutung. Diese Geste vermeidet vollständig die Verwendung von Scrollleisten und reduziert die Anzahl der Schaltflächen auf dem Bildschirm erheblich. Obwohl diese beiden Gesten keine Multi-Touch-Gesten sind, ist die Wischgeste nur mit entsprechender (multitouch) Touch-Technologie (kapazitive oder optische Touchscreens) möglich.
Die Pinch- und Ziehgesten sind immer wichtig, wenn ich Objekte auf dem Bildschirm darstelle, die der Benutzer hinein- oder herauszoomen oder durch direkte Manipulation (Drag-and-Drop) anpassen möchte.